Ice-Genossen

Im zweiten Teil meines Ausblicks auf die 2021 NHL-Saison, welche in der Nacht auf Donnerstag beginnt, ist der Fokus auf den Schweizer Verteidigern. Zusätzlich zu meinem Ausblick analysiere ich die vergangene Saison, welche der Schweiz die erste Norris-Trophy für den besten Verteidiger (Roman Josi) beschert hat.

Roman Josi, der beste Verteidiger der vergangenen Saison.
Icon Sportswire / Danny Murphy

Von eben diesem Josi erwarte ich eine weitere Monster-Saison in welcher er seinen Status als NHL Top-3 Verteidiger zementieren können sollte.

Für Dean Kukan und Jonas Siegenthaler ist das Ziel, sich einen Stammplatz sichern zu können, was aber insbesondere für Siegenthaler nicht ganz einfach werden dürfte. Für Mirco Müller wird es dieses Jahr schwierig werden in der NHL zu spielen, nachdem die Devils ihm keinen neuen Vertrag offeriert hatten. Ähnlich ist die Situation bei Yannick Weber, welcher immerhin in Nashville einen Professional Try-out erhalten hat und momentan mit der Mannschaft mittrainiert. Mit Luca Sbisa ist seit Anfang Woche zudem noch ein weiterer Schweizer Verteidiger in Nashville.

Roman Josi: Bleibt er auf dem Verteidigerolymp?

Josi spielte eine überragende Saison und gewann verdient die letztjährige Norris-Trophy für den besten Verteidiger mit mehr als 60% der Stimmen vor John Carlson und Victor Hedman. Er spielte in sämtlichen 69 Spielen, war mit fast 26 Minuten Eiszeit pro Spiel einmal mehr ein Arbeitstier, erzielte dabei 65 Punkte und hatte mit 53% solide Puckbesitzwerte, obwohl er meist gegen die Toplinie des Gegners aufs Eis geschickt wurde. Er skorte wohl weniger Punkte als Carlson (welcher mit bei Washington in einer offensiv klar stärkeren Mannschaft spielt) war aber insbesondere in der Defensive solider und weniger vom Powerplay abhängig. Von allen Verteidigern hatte Josi weiter sowohl am meisten erfolgreiche Ausbrüche aus der Defensivzone (Zone Exits) als auch am meisten erfolgreiche ‘Entries’ in die gegnerische Offensivzone. All dies ist Evidenz für seine überragenden schlittschuhläuferischen und stocktechnischen Fähigkeiten. In Sachen Punkten pro Spiel übertraf er meine Prognose von 0.77 mit beinahe einem Punkt pro Spiel deutlich.

Ich denke, Josi dürfte sein Elitelevel noch ein paar Jahre halten können, unter der Annahme, dass er keine schwereren Verletzungen erleidet. Dies insbesondere da seine Spielweise perfekt auf das moderne Hockey zugeschnitten ist. Demzufolge sollte sich auch sein diese Saison beginnender $72.5m Vertrag über acht Jahre für die Preds als gute Investition erweisen. Dieser Vertrag lag leicht über meiner Prognose von $70m und machte Josi zum am drittbesten bezahlten Verteidiger nach Erik Karlsson und Drew Doughy, welche beide ihre Monsterverträge wohl jetzt schon nicht mehr wert sind – ‘good on you, Roman’.

Ich erwarte für Josi ähnlich viel Eiszeit wie letztes Jahr und mit 50 Punkten (10 Tore / 40 Assists) in 46 Spielen ähnliche gute Skorerwerte. Ob es wiederum für die Norris-Trophy reicht, wird sich zeigen Der Hauptkonkurrent für die Trophy dürfte dieses Jahr Victor Hedman sein, seines Zeichens Playoff MVP, währenddem mittelfristig die Hauptkonkurrenz von jüngeren, nachstossenden Verteidigern wie Quinn Hughes, Ramus Dahlin, Miro Heiskanen, Thomas Chabot oder Cale Makar kommen dürfte.

Dean Kukan: wiederum gute Chancen auf einen Stammplatz bei den Blue Jackets

Der 27-jährige Kukan spielte eine solide Saison, welche allerdings durch einen Meniskusriss im Januar jäh unterbrochen wurde, bevor er in den Playoffs wieder auflaufen konnte. Kukan spielte zuvor in den meisten Spielen und im Durchschnitt deutlich mehr als in den vorherigen Saisons mit knapp 16 Minuten pro Spiel – genauso viel wie von mir erwartet. Dabei erzielte er fünf Punkte, oder deren 0.15 pro Spiel verglichen mit meiner Prognose von 0.14. Seine Puckbesitzwerte waren mit 51% leicht schlechter und er wurde erstaunlich oft im Angriffsdrittel aufs Eis geschickt, nämlich mehr als 60%.

Wohl hat sich Kukan letzte Saison bei den Jackets einen Stammplatz ergattert, diesen hat er aber bei einer der defensiv stärksten Equipen der Liga noch lange nicht auf sicher. In der Defensivabteilung der Jackets hat sich nämlich einiges getan, genau wie ich das erwartet hatte. Sowohl Ryan Murray, ein Zweitpaarverteidiger wie auch Markus Nutivaara, ein Drittpaarverteidiger wurden weggetauscht. In der Hackordnung wurde Kukan jedoch letztes Jahr von Vladislav Gavrikov überholt; ausserdem wurde Michael del Zotto verpflichtet, welcher seine Blütezeit unter dem jetzigen Coach der Jackets, John Tortorella, hatte. Mit ebendiesem und Rookie Andrew Peeke dürfte Kukan um einen Platz im dritten Verteidigungspaar kämpfen.

Für die anstehende Saison rechne ich bei Kukan mit leicht mehr Eiszeit, insgesamt 45 Einsätzen und 10 Punkten. Sein neuer Zweijahresvertrag mit einem Wert von $1.65m beginnt dieses Jahr und im besten Fall kann sich Kukan schon bald für einen längeren, besser bezahlten Vertrag aufdrängen bevor ‘Vater Zeit’ richtig ins Spiel kommt. Seine Stärken sehe ich weiterhin in seiner Mobilität und Schnelligkeit und wichtig wird sein, dass er seine rund 90 Kilogramm einsetzt und noch physikalischer spielt. Ob es für die Blaujacken für die Playoffs reicht, wird sich zeigen Ich schätze die ihre Chancen auf gut 50%.

Jonas Siegenthaler: Stammplatz ergattert, aber Konkurrenz hat zugenommen.

Siegenthaler hat sich letztes Jahr wie von mir erwartet einen Stammplatz ergattert. Er war defensiv sehr solid und es gibt Argumente dafür, dass er in Sachen Defensive mit der beste Verteidiger der Caps war. Er lief in insgesamt 64 Spielen auf, spielte gute 15 Minuten pro Partie und erzielte zwei Tore und sieben Assists. Das entspricht einem Output von 0.14 pro Spiel was genau 50% unter meiner Erwartung liegt. Dieses Gefälle entstand aber auch aufgrund weniger Eiszeit als erwartet und dazu wurde der 23-jährige Zürcher mehr als drei Minuten pro Spiel im Boxplay eingesetzt. Dies ist, genauso wie der hohe Anteil and Einsätzen mit Start in der Defensivzone, ein Zeichen, dass der Coachingstaff Vertrauen in Siegenthalers Defensivarbeit hat, ist aber der Punkteausbeute natürlich nicht zuträglich. Sein Puckbesitzwert von 51% war marginal über dem Vorjahr.

Das Problem mit dem Stammplatz ist, dass in der Hauptstadt die Konkurrenz stark zugenommen hat nach den Verpflichtungen von Brenden Dillon (Ende letzter Saison), Justin Schultz sowie dem 43-jährigen Zdeno Chara von den Bruins. Gleichzeitig wurde aber auch Christian Djoos an die Ducks abgegeben, welchen Siegenthaler in den 2019er Playoffs aus dem Team verdrängt hatte. Ich erachte keine der drei Neuverpflichtungen als deutlich besseren Verteidiger als Siegenthaler, und alle drei sind auch deutlich älter, dennoch mindert diese zusätzliche Konkurrenz Siegenthalers Chancen auf einen Stammplatz. Nicht zuletzt, da sowohl Chara als auch Dillon hinten links, also ‘seiner’ Position, spielen. Siegenthaler wird das Jahr wohl als #7 Verteidiger beginnen. Angesichts der Kürze und Intensität der Saison wie auch des Alters von Chara darf er aber sicher auf Einsätze hoffen, insbesondere wenn es zu Verletzungen bei seinen Konkurrenten kommen sollte. Beim Kampf um Einsätze hat er aber auch noch Konkurrenz von Martin Fehervary und Trevor van Riemsdyk.

Ich rechne für Siegenthaler mit 25 Einsätzen und vier Assists und in der Tendenz leicht mehr Eiszeit pro Spiel. Sollte er sich in seinen ersten Einsatzmöglichkeiten für höheres aufdrängen und/oder Washington ohne ihn Probleme in der Defensive oder im Penaltykill haben, dann besteht sicher Potential für mehr. Die kommende Saison ist für Siegenthaler besonders wichtig, da er im Herbst einen Vertrag über nur ein Jahr unterschrieben hatte. Die Caps haben sicher gute Chancen auf eine Playoffqualifikation, aber eine solche ist mittlerweile nicht länger garantiert angesichts der Alterung von Schlüsselspielern wie Ovechkin, Backström oder Carlson.

Ungewisse Zukunft für Müller, Weber und Sbisa

Mirco Müller ist immer noch ohne Vertrag, da die Devils seinen Vertag auslaufen liessen. Er hält sich momentan in Kanada fit und eine (temporäre) Rückkehr in die Schweiz sicher keine Option. Die Tür zur NHL ist für den erst 25-jährigen Winterthurer sicher noch nicht zu.

Yannick Weber (Professional Try-out) und Luca Sbisa (von den Winnipeg Jets freigegeben) trainieren momentan beide in Nashville und haben sicher Chancen auf NHL-Einsätze angesichts der nicht gerade überwältigenden Konkurrenz um die beiden Positionen im dritten Verteidigungspaar der Predators.

Ice-Genossen

Die Schweizer erobern die beste Liga der Welt. Dieser Blog analysiert die Situation und Aussichten aktueller und potentieller Schweizer NHL-Spieler.