Gazzetta dell'Ambrì

Der verlorene Sohn soll in die Leventina zurückkehren. Der HCAP hat es noch nicht offiziell verkündet, aber die Zeichen deuten darauf hin, dass Inti Pestoni ab der kommenden Saison wieder für seinen Stammklub spielen wird.

In Ambrì entwickelte sich Inti Pestoni zu einem Topskorer.
Roland Jauch

Gross war damals der Aufschrei, als bekannt wurde, dass Publikumsliebling Inti Pestoni den HCAP verlassen wird. Heftig auch die Reaktionen auf einen Kommentar mit der Überschrift «Inti geh!» in der Gazzetta dell’Ambrì. Niemand konnte und wollte verstehen, dass es für den damals 24-jährigen eine weise Entscheidung war, auszuziehen, um Hockey und Leben zu lernen.

Nur 200 Meter neben der Valascia aufgewachsen, stand er bereits als Zweijähriger auf dem Eis. Er hat die ganze Hockey-Ausbildung in Ambrì absolviert und auch seine Eltern waren beim Dorfklub engagiert: Mutter Maria half im Fanshop, Vater Erico leitete unter anderem die Administration des HCAP. Mehr Familie mit dem Klub geht nicht. Er wurde so auch zur Identifikationsfigur des Leventiner Traditionsvereins.

Inti entwickelte sich über all die Jahre vom hoffnungsvollen Nachwuchstalent bis hin zum zeitweisen Topskorer der Prima Squadra. Er wurde als bester Newcomer ausgezeichnet und schaffte es in den Kreis der Nationalspieler.

Der Abgang

Seine Qualitäten auf dem Eis blieben den anderen nicht verborgen. Verständlich, dass auch grosse Klubs an einer Verpflichtung von Inti Interesse bekundeten. Mit der Verkündung seines Wechsels auf die Saison 2016/17 in die Organisation der ZSC Lions stellte der Publikumsliebling dann seine Fans vor vollendete Tatsachen.

Den Beginn seines Abenteuers in Zürich stellte sich Inti Pestoni aber sicher anders vor. Seine Fitness nach dem persönlichen Sommertraining entsprach nicht den Vorstellungen seines neuen Klubs und so wurde er schon nach wenigen Wochen von ZSC Sportchef und Ex-Biancoblù Edgar Salis zum Aufbautraining in den Fitnessraum verbannt. Er musste auf die harte Tour lernen, dass es bei einem Spitzenklub mit Talent allein nicht reicht. Sein «Comeback» gab er dann im November bei einem Spiel in der Valascia.

Es sollte aber nicht der einzige schwierige Moment für Inti bei den ZSC Lions bleiben. Ende 2017 trennten sich die Lions von Trainer Wallson und stellten mit Hans Kossmann einen von Intis Ex-Trainern beim HCAP als Übergangstrainer ein. Schnell zeigte sich, dass Kossmann und Pestoni auch in Zürich kein Traumpaar werden. Pestoni spielte zwar in der Qualifikation regelmässig, wurde dann aber in nur 6 von 18 Playoff-Spielen eingesetzt. Das letzte Final Spiel in Lugano musste er sogar ausserhalb des Stadions verfolgen.

Pestonis Vertrag wurde bereits nach zwei Saisons vorzeitig aufgelöst und er wechselte auf die Saison 2018/19 zum HC Davos. Unter Kulttrainer Arno del Curto wollte er weitere Fortschritte machen und wieder eine tragende Rolle übernehmen. In den Turbulenzen um Del Curtos Rücktritt kehrte bei Pestoni zumindest der persönliche sportliche Erfolg zurück.

Die nächste Transferbombe

Der grosse SC Bern nimmt Pestoni unter Vertrag. In Bern gabs dann, zumindest übergangsweise, in der ersten Saison ein Wiedersehen mit Hans Kossmann, der für den entlassenen Kari Jalonen übernahm. Pestoni hatte aber gelernt und wusste nun besser mit den Erwartungen seines Trainers umzugehen.

Nun ist schon nach drei Monaten der zweiten Saison in Bern klar, dass Pestoni ein erneuter Wechsel bevorsteht. SCB Sportchefin Florence Schelling hat bestätigt, dass Inti den Klub verlassen wird. Intensiv spekuliert wird, dass Inti zum HCAP zurückkehren wird.

Der Zeitpunkt könnte passender nicht sein. Just auf den Umzug in die neue Halle, soll der verlorene Sohn also zurückkehren. Eine Rückkehr nach Wanderjahren, in denen er nicht nur als Sportler, sondern auch als Mensch eine gewaltige Entwicklung erfahren hat. Während andere Talente im Teenager Alter schon von zu Hause ausgezogen waren, lebte Inti damals noch bei seiner Familie. In der Fremde wurde er dann mit völlig neuen Situationen konfrontiert. Er musste sich weitab von seiner Familie in einer neuen Umgebung zurechtfinden und gründete selbst eine Familie. Er lernte also auch neben dem Eis Verantwortung zu übernehmen.

Und nun die Rückkehr?

Als Giovane Pestoni gegangen, steht nun seine Rückkehr als Mann bevor. Die Erwartungen der Fans an Inti sind gross. Immerhin erspielte er in total 331 NLA Spielen für Ambrì 227 Punkte. Wird er aber wieder die gleichen Skorerqualitäten beweisen wie damals? Wird er das Publikum wieder mit seinen technisch brillanten Sololäufen verzücken? Wird er wieder die Identifikationsfigur werden?

Fragen, die wir hier nicht beantworten können. Auch wenn er vielleicht nicht mehr der junge ungestüme Spieler von damals ist, hat er nichts von seinem Talent eingebüsst. Auch die Sympathien der Fans hat er nicht verloren. Er hat also weiterhin das Potential zu einem der grössten Spieler und Identifikationsfiguren der Vereinsgeschichte zu werden. Er würde in ein Umfeld zurückkehren, das ihn mit offenen Armen empfängt. Mit Paolo Duca hat er zudem einen Chef, der selbst den gleichen Weg eingeschlagen hatte und nach Jahren in Zürich und Zug wieder in die Leventina zurückgekehrt ist. Duca weiss also aus eigener Erfahrung, was Rückkehrer brauchen, um Kultstatus zu erreichen. Es wäre also alles bereit.

Nur Sportchef Paolo Duca hat den Transfer noch nicht bestätigt. Wie immer in solchen Situationen ist seine Wortwahl die gleiche: «wir kommentieren keine Marktgerüchte» und verzieht dabei keine Miene. Ob Inti wirklich zurückkehrt, ist zum Zeitpunkt, als dieser Text entsteht, also noch offen. Der HC Ambrì-Piotta beherrscht es aber wie kein anderer Klub, Transfers in immer wieder überraschender Form zu verkünden. Vielleicht auch diesmal…

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