NHL Observer

Rund ein Dutzend Spieler mit jüdischem Hintergrund haben sich auch in dieser Saison wieder in der besten Eishockey-Liga der Welt etabliert, gehören in ihren Teams sogar zu den Schlüsselspielern und haben einen Status als Superstars der Eishockeyszene. Ein Novum gibt es aber diese Saison: Erstmals sind gleich drei jüdische Brüder in der NHL gleichzeitig dominant unterwegs: Jack, Luke und Quinn Hughes.

Am 4. Dezember 2023 war es soweit: Im Duell zwischen den New Jersey Devils und den Vancouver Canucks traf zum neunten Mal in der NHL-Historie ein Brudertrio im gleichen Spiel aufeinander. Zum ersten Mal aber geschah dies mit drei jüdischen Brüdern. In den Medien wurde das Spiel kurzerhand zur „Hughes Bowl“ getauft. Quinn Hughes, der Topstar der Vancouver Canucks, spielte gegen seine beiden Brüder Jack und Luke Hughes. Auch sie gehören in der NHL zur Crème de la Crème und besonders Jack Hughes ist einer der spektakulärsten Spielertypen weltweit. Das Endresultat von 6:5 für die Devils war nur eine Randnotiz. Vielmehr interessierte die Konstellation mit den drei Brüdern. Denn sie werden in den nächsten Jahren dank ihres Talents Eishockey-Geschichte schreiben.

Zum ersten Mal drei Brüder in der ersten Draftrunde gewählt

Jack und Quinn Hughes gehören jetzt schon zu den Weltstars in diesem Sport. Was diese Beiden bereits erreicht haben, wird auch dem jüngsten Bruder zugetraut: Luke Hughes ist wie Quinn ein sogenannter Offensivverteidiger. Also einer, der immer wieder in die Offensivzone stösst und dort torgefährlich abschliesst.

Die Hughes-Brüder hatten bereits in ihrer Juniorenzeit Eishockey-Geschichte geschrieben. Sie sind die erste amerikanische Familie, deren drei Geschwister in der ersten Runde des NHL-Drafts ausgewählt wurden. 2018 wurde Quinn als Nummer sieben seines Jahrgangs im Draft von den Vancouver Canucks gewählt. Im folgenden Jahr wurde Jack der erste jüdische Spieler, der es auf Platz 1 der Draftliste schaffte (New Jersey Devils). Luke wurde 2021 als Nummer vier in der Hierarchie des gesamten Draft-Jahrgangs gedraftet.

Bereits etablierte Jungprofis

Auch jetzt als Profis ragen alle drei Brüder aus der talentierten Riege jüdischer Spieler in der NHL heraus: Jack, mittlerweile 22, ist ein zweifacher All-Star-Spieler, der in der Saison 2022/23 mit 99 Skorerpunkten einen Devils-Punkterekord aufstellte. Luke, 20, war ein Topstar an der University of Michigan, wo er mehrere Rekorde aufstellte und hatte letzte Saison seine ersten NHL-Einsätze, gilt aber bei seiner ersten kompletten NHL-Saison als sogenannter „Rookie“. Der 24-jährige Quinn konnte indessen in den letzten beiden Saisons jeweils über 60 Assists verbuchen und war einer der punktbesten Verteidiger der Liga. Im September 2023 wurde er zum 15. Mannschaftskapitän in der Geschichte der Canucks ernannt - was ihn zum jüngsten der aktuellen NHL-Captains macht. Er löste damit den Schweizer Nico Hischier ab, der im letzten Jahr der jüngste Mannschafts-Captain der Liga war – und somit der Spielführer von Quinns beiden Brüdern in New Jersey ist. Eine weitere Anekdote also.

Eine sportliche Familie

Jack, der wie seine Brüder eine Bar Mizwa feierte, sagte, seine Familie habe Pessach gefeiert, als er aufwuchs. Der Vater, Jim Hughes, ist nicht jüdisch. Er spielte Eishockey am Providence College und arbeitete als Co-Trainer und Front-Office-Manager für einige NHL-Teams. Ellen Weinberg-Hughes, die Mutter, ist jüdisch und war „Drei-Sport-Athletin“ an der University of New Hampshire. Das ist eine Eigenart in den USA, bei welcher die Studierenden drei Sportarten ausüben (jeweils saisonal). Sie vertrat das US-Frauen-Eishockeyteam bei den Frauen-Weltmeisterschaften 1992, wo sie zur All-Star-Spielerin ernannt wurde. Weinberg-Hughes ist zudem Mitglied im Kommitee 2024 der International Jewish Sports Hall of Fame.

Die neue junge Welle der jüdischen NHL-Superstars

Gut ein Dutzend jüdische NHL-Stars bekleiden also in der NHL aktuell in ihren Teams eine Schlüsselrolle. Zu ihnen gehört auch Adam Fox, der Superstar der New York Rangers. In den letzten zwei Saisons kamen noch weitere junge Spieler jüdischer Herkunft dazu: Devon Levi wurde bei den Buffalo Sabres zum neuen Hoffnungsträger und Goalie-Star und Mark Friedman erkämpfte sich zwischenzeitlich einen Stammplatz bei den Pittsburgh Penguins. Bei eben diesen Pittsburgh Penguins spielte auch der Stürmer Jason Zucker. Aktuell ist der NHL-Veteran mit der beeindruckenden Karriere bei den Arizona Coyotes unter Vertrag. Einer der Stars bei den Edmonton Oilers ist Zach Hyman. Der für einen NHL-Profi eher klein gewachsene Stürmerstar der Edmonton Oilers besticht durch Torinstinkt und Kampfgeist. Weitere jüdische NHL-Stars sind zudem noch Cody Glass (Nashville Predators), Luke Kunin (San Jose Sharks) und Jakob Chychrun von den Ottawa Senators. Chychrun ist seit Jahren einer der konstantesten und leistungsstärksten Verteidiger der NHL.

Berühmte Vorbilder

Unvergessen sind die ehemaligen jüdischen NHL-Stars: Valeri Kamensky, Marty Turco, Mathieu Schneider, Corey Hirsch, Ronnie Stern, Bob Nystrom & Co. Ihre Erben hiessen danach Mike Cammalleri, Jeff Halpern oder Mike Brown. Stark in Erinnerung bleibt Mathieu Schneider: Er war der sportlich vielleicht erfolgreichste jüdische Eishockeyprofi der Neuzeit in der NHL. Und einer, der auch immer wieder ausserhalb des Eisrinks mit intelligenten Aussagen, gutem Allgemeinwissen und einem weiten Horizont in vielen Themen bei den Fans punkten konnte. Zwölf Jahre war er – bis zum August 2023 - erfolgreich in seiner zweiten Karriere im Dienst der Spielergewerkschaft NHLPA unterwegs. Schneider wurde einer der einflussreichsten Akteure innerhalb der Spielergewerkschaft. Er galt schon immer als einer der intelligentesten NHL-Profis, die auch über den Rand eines Eishockeyrinks dachten. Er kennt sich im Gewerkschafts-Dschungel aus. Im Rahmen seiner Tätigkeit als NHLPA-Vertreter konnte er seine ganze Erfahrung, die er als Profispieler sammelte, einbringen. Schneider wurde von den Spielern, aber eben auch von der Presse und der NHL sowie den Clubbossen respektiert. Viele Interaktionen, die man kaum mitbekommt, aber hinter den Kulissen ablaufen, gingen in den letzten 12 Jahren über ihn.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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Was passiert hinter den Kulissen der NHL und was steckt hinter den Geschichten, die uns bewegen? NHL Insider Joël Ch. Wuethrich öffnet für SHN sein NHL Netzwerk.