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Von teuflisch gut zu teuflisch durchschnittlich: Die Devils haben die Playoffs verpasst und dabei sich in dieser Saison mehrmals verpokert. Speziell als es darum ging, einschneidende Entscheidungen zu treffen.

Was ist bei den New Jersey Devils in dieser Saison schiefgelaufen? Warum erreicht einer der vermeintlichen Geheimfavoriten auf einen Stanley-Cup-Finalplatz nicht einmal die Playoffs? Auf der Suche nach den Antworten fallen folgende Aspekte und Parameter besonders auf: Die fehlende Leistungskonstanz, verletzte Schlüsselspieler, unterdurchschnittliche Goalieleistungen und eine weniger starke Leistungsprogression als erwartet bei einigen Schlüsselakteuren. Aber das waren nur die sportlichen Unzulänglichkeiten in einer starken Division mit sehr kompetitiven Gegnern. Die grössten Fehler passierten bei der sportlichen Führung, wie sich dies nachträglich feststellen lässt.

Was vor einem Jahr noch funktionierte, ging diesmal schief

Anfang der Saison 2022/23 wurde im „The Rock“ - so bezeichnen die Devils-Fans das Prudential Center in Newark – der Spruch „Fire Lindy“ skandiert. Chefcoach Lindy Ruff wurde nicht gefeuert und rückblickend feierte man den Entscheid. Das Team hatte sich nach schwachem Saisonstart gefangen und startete eine spielerisch eindrucksvolle und erfolgreiche Sequenz. Man übertraf sogar den eigenen Punkterekord für die Regular Season. Diese Saison schien sich die Geschichte zu wiederholen. Erneut wurden Stimmen laut nach einem Trainerwechsel. Diesmal aber wurde der hochangesehene Lindy Ruff jedoch entlassen und - rückblickend gesehen - wohl etwas zu spät. Denn er hatte beim Team nicht, wie ein Jahr zuvor, den Schalter umlegen können. Und was ihm und den Coaches wie auch GM Tom Fitzgerald schliesslich vor allem vorgeworfen wurde, war die Fehlbeurteilung betreffend der Goaliepositionen: Vitek Vanecek war ein Top-Keeper in der Regular Season und Akira Schmid hatte in den Playoffs 2023 brilliert. Man sah in ihnen beiden die Vertreter der nächsten Goalie-Generation. Beide konnten aber 2023/24 den Erwartungen nicht im Ansatz gerecht werden. Der aus der AHL nachrückende Nico Daws war eine gute Notlösung, aber auch nicht mehr. Es folgten bei der Trade Deadline die Verpflichtungen von Routinier Jake Allen und Kaapo Kahkonen. Diese Verpflichtungen kamen zu spät, wie sich auch hier herausstellte. Während der Trade-Deadlinie-Tage im Februar 2024 liess man aber auch Tyler Toffoli ziehen. Kein positives Signal an das Team. Immerhin hat Timo Meier dann jene Tore erzielt, die Tyler Toffoli den Devils nicht mehr beisteuern konnte.

Gewiss, nach wie vor muss man rückblickend den Hut ziehen vor Ex-Chefcoach Lindy Ruff und GM Tom Fitzgerald. Ihre Strategie bezüglich des Rebuildings der Mannschaft hat gegriffen und die Devils haben sich als spielstarke, modern spielende Mannschaft etabliert. Mit Nico Hischier, Jesoer Bratt, Luke und Jack Hughes, Doug Hamilton und Co. werden sie auch künftig in der Liga positiv auffallen.

Ohne Dougie Hamilton war die Defensive die Achillesferse

Ruff-Nachfolger Travis Green konnte beim Team auch nicht die gewünschte Konstanz bewirken. Immerhin haben einige Schlüsselspieler wie Timo Meier in der zweiten Saisonhälfte die hohen Erwartungen endlich erfüllen können. Aber viele Schlüsselspieler – ausgenommen Nico Hischier, Jesper Bratt und Erik Haula sowie Luke Hughes – haben enttäuscht. Jack Hughes' Leistungen waren teilweise herausragend und manchmal aber eben auch nur durchschnittlich gut. Dass er diese Saison zudem zwei Mal verletzungsbedingt pausieren musste, war auch nicht hilfreich. Dawson Mercer war ein weiterer wichtiger Akteur, der nicht konstant die Erwartungen erfüllen konnte. Und die Defensive wurde – auch aufgrund von Verletzungssorgen – die Achillesferse des Teams. Ohne Dougie Hamilton, der seit Ende November 2023 wegen einer Brustverletzung fehlt, hat die Defensivabteilung nicht nur an defensiver Qualität verloren, sondern auch an offensiver Wirkung sowie an Leadership. Dieser Verlust ist einer der Hauptgründe für das Scheitern des einstigen Stanley-Cup-Geheimtipps in der Eastern Conference. Hinzu kam noch, dass Cal Foote als einer der Angeklagten in der ominösen Nötigungs-Affäre rund um das kanadische Junioren-WM-Team 2018 von der Mannschaft abgezogen wurde. Gleichzeitig konnten zudem Jonas Siegenthaler (auch er immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen) und John Marino die Lücken nicht schliessen und haben eigentlich auch underperformed.

Allem zum Trotz war es dennoch im März und April - dank Nico Hischier, Jesper Bratt, einer signifikanten Effizienzsteigerung von Timo Meier und einigen Rollenspielern sowie endlich auch durch gute Torhüterleistungen - noch möglich, sich mit einer guten resultatorientierten Sequenz in Playoff-Position zu begeben. Aber auch hier wieder fehlte das, was man schon die gesamte Saison vermissen liess: Die Konstanz und Effizienz in den entscheidenden Spielsituationen.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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